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Hightech-Industrie: Rückläufige Zahlen in allen wichtigen Segmenten in Europa

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Die Zahlen der europäischen Hightech-Industrie sind in allen wichtigen Segmenten rückläufig. Weniger als zehn Prozent der globalen Umsätze für Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) der global führenden 100 Hightech-Unternehmen stammen von europäischen Unternehmen. Die USA mit einer großen Innovationskraft und Asien mit seinen günstigen Produktionsstandorten sind hingegen Spitzenreiter. Deshalb verlagern sich die Jobs in der Hightech-Branche immer mehr ins nicht-europäische Ausland. Die Relevanz von Europa im globalen ICT-Markt sinkt, dabei ist die makroökonomische Bedeutung der europäischen Hightech-Industrie hoch, denn Kernindustrien wie die Automobilindustrie oder der Maschinenbau benötigen eine agile und innovative europäische Hightech-Industrie. Eine Studie von A.T. Kearney zeigt, durch welche Erfolgsfaktoren die europäische Hightech-Branche wieder eine größere Bedeutung erlangen könnte. Dazu gehört vor allem eine Europa-Hightech-Strategie, die auf langfristig attraktive und neue Hightech-Segmente setzt, die Investitionen der EU besser koordiniert und Europas Stärken ausnutzt. Mit nationalen Alleingängen kann man gegen die globalen Wettbewerber nicht mehr ankommen.

Hightech-Sektor ist wesentliche Basis für moderne Wirtschaft
Ein gut funktionierender Hightech-Sektor ist eine der Grundlagen für eine moderne Wirtschaft. Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) ist heute die Basis für viele Industrien, gerade die europäischen Unternehmen nutzen diese Technologien zur Erarbeitung von Alleinstellungsmerkmalen im globalen Wettbewerb. Eine Untersuchung von A.T. Kearney zeigte im September 2012, dass europäische Unternehmen schon weniger als zehn Prozent der globalen ICT-Umsätze der Top 100 ICT-Unternehmen generieren. Nur 15 der Top 100 ICT-Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Europa, weshalb viele wichtige europäische Industrien von nicht-europäischen Hightech-Anbietern abhängen, sowohl was die Produktion als auch was Entwicklung und Innovation angeht. Auf dem US-Markt ist die Innovationskraft im ICT-Sektor weiterhin stark, Asien liegt als Hardware-Produktionsstandort vorn, die europäischen Hightech-Segmente hingegen sind fast alle auf dem Rückzug.

Rückläufiger Absatz bei IT-Dienstleistungen in Europa
Die neun untersuchten Segmente sind IT-Dienstleistungen, IT-Hardware, Computer und Notebooks, Software, Telekommunikationsequipment, mobile Telefongeräte, Unterhaltungselektronik, Halbleitertechnologie und elektronische Bauelemente. In 2011 betrugen die Umsätze dieser Segmente weltweit 2,8 Billionen US-Dollar. 815 Milliarden US-Dollar entfallen auf das größte Segment, IT-Dienstleistungen, 378 Milliarden US-Dollar auf Unterhaltungselektronik, 317 Milliarden US-Dollar auf Halbleitertechnologie und 297 Milliarden US-Dollar auf Software. Als Folge der sinkenden Bedeutung des europäischen ICT-Markts verglichen mit dem asiatischen und nordamerikanischen Markt sind die entsprechenden Anteile an den globalen Umsätzen gesunken. In 2011 sollen nur 24 Prozent des globalen Umsatzes in Europa generiert worden sein, Tenzdenz sinkend. Vor allem in den wichtigsten Segmenten IT-Dienstleistungen, Software, Telekommunikationsequipment, Unterhaltungselektronik und Telefongeräte verliert Europa als Absatzmarkt an Bedeutung. Die führenden europäischen Hightech-Unternehmen generieren trotzdem immer noch 45 Prozent ihrer Umsätze innerhalb von Europa, obwohl Europa in verschiedenen Sektoren nicht auf einem ausreichend globalen Level ist.

Europas ICT-Markt droht verstärkte Auslagerung von Jobs nach Asien

In der ICT-Industrie arbeiten mehr als drei Millionen Europäer, allerdings ist diese Zahl rückläufig, da Asien vor allem die produktionsorientierten Jobs für elektronische Geräte übernommen hat. Grund ist einerseits die Verlagerung des Ökosystems an Zulieferern und Abnehmern und andererseits der durchschnittliche Stundenlohn eines Produktionsmitarbeiters in China. In 2011 lag er bei 2,11 US-Dollar, in Ost-Europa bei 8,04 US-Dollar und in West-Europa bei 40,25 US-Dollar. Gelingt Europa keine stärkere Neupositionierung im ICT-Markt droht abgesehen von den produktionsorientierten Jobs auch die stärkere Verlagerung von Forschung und Entwicklung sowie Services nach Asien, denn die asiatische Ausbildung hat erfolgreich auf die Entwicklung einer Wissenschaftler- und Ingenieurs-Elite gesetzt. In Europa sind nur 17 Prozent der Studenten für Ingenieurs-, Mathematik- oder IT-Kurse eingeschrieben, in China sind es 31 Prozent und in Korea und Taiwan 35 Prozent. In den USA sind es nur acht Prozent, die hohe Einwanderung qualifizierter Fachkräfte kompensiert das aber.

Hightech-Industrie in Europa kann wieder an globaler Bedeutung gewinnen
Es gibt trotz der Rückschritte im europäischen ICT-Markt viele ungenutzte Potenziale, mit denen es wieder aufwärts gehen könnte. Segmente wie die Unterhaltungselektronik mit Produkten für die breite Masse, die in hoher Stückzahl produziert werden, werden weiterhin auf den asiatischen Markt konzentriert bleiben. Die Zukunft von Hightech in Europa hingegen liegt im hohen lokalen  Service-Anteil und den Segmenten mit komplexen B2B-Prozessen. Europa hat es wegen der langsameren Skalierung in einem inhomogenen europäischen Markt in den konsumentennäheren Bereichen immer noch schwerer als etwa ein amerikanischer Hightec-Start-Up in den USA. Für eine Zukunft und Wachstum von Hightech in Europa sind bestimmte Probleme zu lösen und Industrie und Politik müssen in die gleiche Richtung gehen. A.T. Kearney hat fünf Erfolgskriterien zur Diskussion zwischen Politik, Unternehmen und Verbänden zusammengestellt.

Fokus auf den komplexen B2B-Sektor
Im komplexen B2B-Sektor lassen sich die Stärken des europäischen Marktes besser ausspielen als im B2C-Sektor. Europa hat Potenziale in Software-Lösungen, eingebetteten Systemen oder intelligenten Netzwerken. Beim Einsatz von ICT zur Herausbildung von Alleinstellungsmerkmalen bei industriellen Anwendungen bietet Europa Vorteile.

Paneuropäische Cluster zur Bündelung einzelner Teile der Wertschöpfungskette
Mit paneuropäischen Clustern zur Bündelung der einzelnen Teile der Wertschöpfungskette lässt sich die zur breite und zu flache Streuung der geringen bereitstehenden finanziellen Ressource vermieden werden. Die Leistungen einzelner können in solchen Kooperationen so gefördert werden, dass sie insgesamt Treiber der Exzellenz und der Innovationskraft der europäischen Hightech-Industrie werden.

Hightech-Start-Ups bei Finanzierung nicht nur Starthilfe geben
Die europäischen Regierungen und EU-Institutionen müssen für die Hightech-Start-Ups eine bessere finanzielle Unterstützung, etwa durch nachhaltige Förderung des Venture-Capital-Sektors und Verbesserung der Attraktivität von Start-Up-Investitionen, bereitstellen. Die Unterstützung darf nicht nur in der Starthilfe bestehen, sondern auch in der Finanzierung des Wachstums und der Internationalisierung, damit sie eine kritische Masse erreichen können.

Möglichkeiten zur technischen Ausbildung bieten
Das Bildungssystem muss sicherstellen, dass es mehr qualifizierte Abschlüsse in den MINT-Fachbereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie gibt. Die nordeuropäischen Länder sind hier ein gutes Beispiel mit der verstärkten Gründung technischer Hochschulen und dem Angebot technischer Kurse schon in der Grundschule. Außerdem sollten gezielt qualifizierte Fachkräfte aus dem nicht-europäischen Ausland akquiriert werden wegen der sinkenden Population Westeuropas.

Rohmaterialien für Wachstum sicherstellen
Das künftige Wachstum der Hightech-Industrie ist abhängig von den zugänglichen Rohmaterialien. Weitere Handelsabkommen, vor allem mit China, aber auch mit anderen Quellen wie der Mongolei, Grönland oder Australien, für seltene Erdmetalle sollten daher geschlossen werden. Um im globalen Wettbewerb um seltene Rohmaterialien bestehen zu können, sollten außerdem weitergehende Recycling-Möglichkeiten für elektronische Materialien entwickelt werden. Bei beiden Themen ist Deutschland schon ein Vorreiter.

Verbesserung des europäischen ICT-Marktes im globalen Markt
Eine europäische Hightech-Strategie für den ICT-Sektor ist nötig, um die fünf Erfolgsfaktoren koordiniert zu erfüllen. Durch die Generierung von mehr finanziellen Ressourcen für Forschung und Entwicklung in den richtigen zukunftssicheren Hightech-Segmente, die Bereitstellung von mehr qualifiziertem Personal und die Wahl des richtigen strategischen Rahmens könnte Europa seine Position im globalen Hightech-Markt deutlich verbessern. Damit ließe sich der Exportmarkt verstärken, woraus mehr hochbezahlte Jobs mit attraktivem Steueraufkommen resultieren würden. Dazu müssen die nationalen Regierungen, EU-Institutionen, europäische Hightech-Unternehmen, Investoren und Bildungssysteme an einem Strang ziehen.

Quelle: http://www.atkearney.de/content/presse/pressemitteilungen_archiv_detail.php/id/51741/year/2012

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